Meine Weihnachts-Evolution

froehliche-weihnachtenAlle Jahre wieder kommt Weihnachten. Unvermeidlich!

Als Kind ist es ganz anders, als zur Jugendzeit,
als Eltern anders als zur Zeit der Großmutter.

Bei mir liegen dazwischen aber auch
noch viele andere Entwicklungen.

Davon möchte ich euch erzählen.

Schneeflöckchen, Weißröckchen, wann kommst du geschneit…

Mit diesem Lied leitete sich in meiner Kindheit die Weihnachtszeit ein.
Ich zerflückte alte Schulhefte, nahm den schwarzen Umschlag,
pauste Weihnachtsmotive auf Butterbrotpapier, übertrug sie auf die dünne Pappe,
schnitt sie aus und hinterklebte sie mit buntem Pergamentpapier.
So entstanden kleine Laternen, die unsere Wohnung schmückten.
Meine hatten schönere Motive!
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Wir bastelten aus buntpapier Papierschlangen
für den Weihnachtsbaum und kleine Kästchen
für den Adventskalender, sangen Weihnachtslieder und backten Plätzchen. Heilig Abend spielte mein Vater auf dem Klavier Ihr Kinderlein kommet…

Dann war Bescherung.
Meine Großeltern waren zu Besuch.
Wir zogen unsere guten Sachen an.
Es gab Kartoffelsalat und Wiener.
Meine kleine Welt war in Ordnung.

Als Jugendliche wollten wir unseren Eltern auch etwas schenken.
Das Klavier gab es nicht mehr. Am Weihnachtsbaum hingen Kugeln
und weniger Süßigkeiten und überhaupt… Lieder und Gedichte kamen
aus dem Plattenspieler und mein kleiner Bruder war im Stimmbruch.
Da war singen gar nicht angesagt. In Mode war inzwischen Julklapp
und so packten wir unsere Geschenke in Tonnen von Mogel-Papier.
Sie wanderten von einem zum anderen, und wir hatten viel Spaß.

Ich zog aus, lernte meinen Mann kennen, bekam Kinder
und meine Eltern flüchteten vor Weihnachten, während meine Schwiegereltern
sehr feste Rituale hatten, zumal Schwiegervater ein Christkind war.
Der Vormittag war angefüllt mit dem Vorbereiten der Platten für den Geburtstags-Empfang, und nachdem sich die Gäste torkelnd ins eigene Heim trollten, begannen bei uns die Vorbereitungen für die Bescherung.
Danach saßen wir vor dem Kamin und freuten uns auf die Weihnachtsgans
am nächsten Tag. – Schwiegervater starb 1984.

Nach seinem Tod wurden mein Mann und ich Zeugen Jehovas
und blieben es (ich) 15 Jahre lang.
Weihnachten gehört zu jenen Dingen, die Zeugen Jehovas nicht feiern.
So trennte ich mich von meinem lila-Tannenschmuck, der Krippe,
der Weihnachtspyramide und vielen anderen Dingen, die mit Weihnachten zu tun hatten. Während andere zur Weihnachtszeit durch die Geschäfte hetzten,
machte ich die Steuererklärung und freute mich, Zeit zu haben.
Als Zeuge Jehovas erlebt man Weihnachten in Form von Vermeidung.
Das geht so weit, auf den Gruß Fröhliche Weihnachten
mit Ihnen auch eine schöne Zeit zu antworten.

Mit meinem Ausstieg begann eine Phase des neuen Forschens.
Ich las unglaublich viele Bücher, besuchte als Kontaktstudierende die Uni,
auch Theologie, und diskutierte mit unzähligen Menschen über dies und das
und Weihnachten.

Meine beiden Lütten, die erst geboren wurden, nachdem wir Zeugen waren,
hatten noch nie Weihnachten gefeiert. An das erste mal denke ich gern zurück:

Ich hatte meinen Mann verlassen. Mein Bruder unterstütze mich,
auch finanziell und wir kauften eine Tannenbaum von ein Meter Höhe.
Eine Kundin schenkte uns ihren Christbaumschmuck.
Wir überließen das Schmücken den Lütten und kauften ein.
Da erreichte mich ein verzweifelter Anruf des Jüngsten:
„Mama, da ist son silbriges Zeug. Was sollen wir damit machen?“ –
„Das ist Lametta. Das hängt man über die Zweige“, antwortete ich.
Als wir nach Hause kamen, konnten wir uns vor Lachen nicht halten.
Der Christbaumschmuck war offensichtlich für einen weit größeren Baum gedacht.
Vor lauter Lametta war von dem Bäumchen nichts mehr zu sehen!
Wir hatten trotzdem unseren Spaß zusammen.
Der Sinn von Weihnachten erschloss sich den Kindern jedoch nicht wirklich.

Erst nach vielen Jahren und etlichen Diskussionen begann ich
wieder etwas Freude an Weihnachten zu empfinden. Das verdanke ich diesem Video:

Es half mir, mich von den Zeugen-Altlasten zu befreien und Weihnachten auch emotional wieder zuzulassen. –  Aber welches Weihnachten ?

Nachdem ich zu der Überzeugung gelangt bin, dass die Bibel von Menschen geschrieben wurde, die einen politischen Zweck verfolgten und Ähnlichkeiten zu anderen Heilanden, die lange vor Jesus lebten, kann ich mit der christlichen Weihnacht nichts mehr anfangen. Dazu hat dieses Video auch beigetragen:

Ich versuchte es zunächst mit Gänsebraten, Fondue und Rudolf mit der roten Nase
und machte mich auf die Suche nach Weihnachten ohne christlichen Hintergrund.
Das endet aber spätestens im Supermarkt, wo man mit Weihnachtsliedern berieselt wird.

Bei den Zeugen Jehovas habe ich gelernt, dass Weihnachten heidnischen Ursprungs ist.
Es soll auf die Römer zurück gehen, die Lichter anzündeten, um die Sonne zur Sonnenwendfeier zu begrüßen.

Wahrscheinlich haben die Menschen die Sonne aber schon immer begrüßt,
wenn die Tage wieder länger wurden. Diesen Gedanken finde ich übrigens schön. (Derzeitiger Stand meiner Weihnachts-Evolution).
Ich sehne diesen Wendepunkt herbei – jedes Jahr wieder.
Diesmal ist er am 21. Dezember 2016, um 11:44 Uhr.

Ricarda

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